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Rudolf Steiner – »Die Geschichte des Spiritismus« – Berlin, 30. Mai 1904

 

Heute obliegt es mir, über ein Thema zu Ihnen zu sprechen, das von der einen Seite, wir dürfen wohl sagen, Millionen von begeisterten Anhängern in der Welt hat, auf der anderen Seite die heftigsten Gegner gefunden hat; nicht nur Gegner, welche in schärfster Weise dieses Gebiet des sogenannten Spiritismus bekämpfen, sondern auch solche, die es ins Lächerliche ziehen, die es mit dem finstersten Aberglauben oder mit dem, was sie finsteren Aberglauben nennen, zusammenwerfen; Gegner, die sich bloß mit leeren Worten des Witzes und Hohnes darüber hinwegsetzen wollen.

 

..... Wir Vertreter der Theosophie sind mit den Spiritisten jedenfalls in dem einen verbunden: in der Absicht der Erforschung der höheren geistigen Welten, jener Welten, die über das hinausgehen, was man im alltäglichen Leben mit Ohren hören, mit Augen sehen, mit Händen greifen kann.....

 

..... Mein Wahlspruch: Es geht keine menschliche Meinung über die Wahrheit .....

 

So lassen Sie mich also, ohne Partei zu nehmen nach der einen oder anderen Seite, und dessen eingedenk, dass keine menschliche Meinung über die Wahrheit geht, in kurzen Zügen skizzenhaft über die Entwickelung der spiritistischen Bewegung sprechen.

 

Das letzte Wort über den Spiritismus

 

Noch etwas möchte ich hervorheben, was einige überraschen wird, was aber andere, die Bescheid wissen, wahrscheinlich gar nicht überraschen wird. Lassen Sie es mich aussprechen: Das letzte Wort über den Spiritismus und ähnliche Dinge können Sie von Menschen, die so wie ich darüber zu sprechen genötigt sind, niemals vernehmen. Sie wissen, es gibt in allen Wissenschaften ein Gebot, das einfach durch die wissenschaftlichen Methoden gerechtfertigt ist, und das ist das Gebot, dass man die Ergebnisse der Wissenschaft vor einem größeren Zuhörerkreise in populärer Weise darstellt. Will man intimere Bekanntschaft machen mit diesen Ergebnissen, will man die intimere Wahrheit kennenlernen, dann ist ein längerer Weg notwendig: ein Weg durch die verschiedenen Methoden hindurch in alle Einzelheiten hinein. In der Regel sind die Forscher nicht in der Lage, in populären Vorträgen vorzutragen, was im Inneren der Laboratorien, im Innersten der Sternwarten sich abspielt. Ist die Sache nun so für die physische Wissenschaft, so gibt es in den großen geistigen Bewegungen der Welt in Bezug auf das, was sogenannte spirituelle Einsichten sind, bei dem Einsichtigen, bei dem, der die Worte aussprechen darf, das Gebot, das letzte Wort zurückzuhalten, – da die letzten Worte noch ganz anderer Art sind. Sie sind von einer Natur, die sich öffentlich kaum erörtern lässt. Und so werden Sie niemals von demjenigen, der sich Okkultist nennt - wenn Sie nicht im Intimsten seine Wege mitzugehen in der Lage und willens sind – das allerletzte Wort in dieser Sache hören können. Aber für diejenigen, die in der Sache selbst Bescheid wissen, wird sich aus der Art und Weise, wie eine Sache gesagt wird, auch etwas erhellen, was nicht allein zwischen den Zeilen, sondern vielleicht auch zwischen den Worten gesagt ist.

 

Was sucht der Spiritismus von heute?

 

Nach dieser Einleitung lassen Sie mich zu dem Thema selbst übergehen, das zweifellos eine ungeheure kulturhistorische Bedeutung haben muss selbst für denjenigen, der die Sache lächerlich machen will. Lassen Sie mich über die Sache in einem Sinne sprechen, welcher wirklich lichtverbreitend ist, nämlich von dem Gesichtspunkt aus: Was sucht der Spiritismus von heute? Sucht er etwas Neues, oder ist es etwas Uraltes, was er sucht? Sind die Wege, auf denen er sucht, völlig neu, oder sind auch diese Wege von der Menschheit seit Jahrhunderten oder auch seit Jahrtausenden betreten worden? – Wenn man sich diese Fragen vorlegt, dann kommt man in Bezug auf die Geschichte des Spiritismus am allerschnellsten zum Ziel. Das, was die Spiritisten suchen, ist zweifellos zunächst die Erkenntnis derjenigen Welten, welche über unsere Sinnenwelt hinausgehen, und zweitens die Bedeutung dieser Welten für das Ziel, für die Bestimmung unserer menschlichen Rasse.

 

Fragen wir uns einmal: Waren nicht diese Probleme die Aufgaben der Menschheit, seitdem sie auf unserer Erde strebt und etwas will? – so müssen wir uns sagen: Ja. – Und da sie zweifellos die höchsten der Aufgaben sind, so erschiene es schon von vornherein als etwas Widersinniges, wenn in Bezug auf diese Fragen in der Weltgeschichte etwas völlig Neues aufgetaucht wäre. Es scheint, wenn wir uns umsehen in der spiritistischen Bewegung, bei der alten und bei der neuen, als ob wir es mit etwas völlig Neuem zu tun hätten. Die stärksten Gegner berufen sich darauf, dass sie etwas völlig Neues in die Welt gebracht hätte, und andere Gegner sagen, dass niemals die Menschen es so nötig gehabt hätten, diese Bewegung zu bekämpfen, wie heutzutage. Es muss in Bezug auf die Art und Weise, die Sache anzusehen, in der Menschheit eine Änderung eingetreten sein. Blitzartig wird uns das erleuchtet, wenn wir uns klarmachen, dass sie sich in dreifach verschiedener Weise zu den Fragen, die wir heute als spiritistisch bezeichnen, verhalten hat.

 

Altertum – Mittelalter

 

Da haben wir die eine Art, welche im ganzen Altertum von uns gefunden werden kann, eine Art, welche erst in den christlichen Zeiten sich ändert. Dann haben wir eine zweite Art, sich zu diesen Fragen zu stellen, das ganze Mittelalter hindurch, bis in das 17. Jahrhundert herein. Erst im 17. Jahrhundert beginnt im Grunde genommen dasjenige eine bestimmte Gestalt anzunehmen, was man heute berechtigt ist, "Spiritismus" zu nennen. Die Fragen, die der Spiritist heute beantworten will, waren das ganze Altertum hindurch Gegenstand der sogenannten Mysterien. Nur mit wenigen Strichen wollen wir versuchen uns klarzumachen, was man unter Mysterien zu verstehen hat. Es war im Altertum nicht der Brauch, die Weisheit öffentlich zu verkündigen. Man hatte eine ganz andere Ansicht über Weisheit und Wahrheit. Man glaubte das ganze Altertum hindurch, dass es nötig sei, zur Erkenntnis der übersinnlichen Wahrheiten sich übersinnliche Organe erst heranzubilden. Man war sich klar darüber, dass in jedem Menschen geistige Kräfte schlummern, welche beim Durchschnittsmenschen nicht ausgebildet sind, dass geistige Kräfte in der Menschennatur schlummern, die man durch lange Übungen, durch Entwickelungsstufen, die als sehr schwierig von den Anhängern der Mysterien beschrieben werden, erwecken und entwickeln kann. Wenn man solche Kräfte in sich entwickelt hatte .....

 

Dann kam mit unserer Zeitrechnung eine andere Art. Ich kann nur grob und roh die Umrisse dessen andeuten, was ich zu sagen habe .....

 

Ich möchte gerne den ungekürzten Artikel lesen

 

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